Was fühlen Sie, wenn Sie an Montagmorgen denken? Freuen Sie sich auf Ihre Arbeit, die Kollegen und darauf, an diesem Tag Menschen zu helfen; oder empfinden Sie eher Furcht vor Leistungsdruck, unvorhersehbaren 24-Stunden-Diensten im Krankenhaus oder gar Mobbing unter Ärzten?
Psychologin und Ärzte-Coach Angela Yael Blumberger stellt uns äußerst effektive Techniken vor, wie Krankenhaus-Ärzte ihr Stressniveau erheblich senken können. Sie erfahren, dass es große Unterschiede zwischen den Arbeitsbedingungen in verschiedenen Kliniken und Abteilungen gibt. Wir zeigen Ihnen, wo Sie Stellen für (angehende) Fachärzte finden, die Ihnen wenig Stress bereiten. Zum Schluss halte ich einen Hinweis bereit, wer Ihnen dabei hilft, ein weniger belastendes Arbeitsumfeld zu finden.
Hohes Stressniveau für Krankenhaus-Ärzte
“Dass im Krankenhaus schwierige Arbeitsbedingungen herrschen und Angestellte häufig unter Stress leiden, wird in verschiedenen Studien beschrieben”, schreibt das Ärzteblatt; und tatsächlich bestätigen regelmäßig neue Untersuchungen die Überlastung, unter welcher Klinik-Ärzte arbeiten. Die Hans Böckler-Stiftung stellte etwa fest: “Über 40 Prozent der chirurgisch tätigen Krankenhausärzte sagen: Die Überarbeitung der Ärzte beeinträchtigt die Qualität der Patientenversorgung.” Zufriedenheit unter Ärzten sieht anders aus.
Dass es in Krankenhäusern oft zu stressigen Situationen kommt, wird Sie nicht überraschen. Spätestens seit Ihrem praktischen Jahr werden Sie gewusst haben, was auf Sie zukommt. Dennoch konstatiert die dzw: “Unerfahrene Ärzte leiden am meisten unter Stress. […] Dabei sind die Assistenzärzte mit 47 Prozent bei körperlichen und 32 Prozent bei psychischen Beschwerden besonders stress-sensibel.”
“Ärzte entfremden sich von ihren Patienten”: über die Stress-Ursachen
Ärzte-Coach Blumberger macht verschiedene spezifische Stress-Ursachen im Krankenhaus aus: “Durch den Ärztemangel haben Ärzte eine 60- bis 80-Stunden-Woche, arbeiten teilweise drei Tage durch, ohne zu schlafen. Durch die Pandemie erhöht sich dieses Arbeitspensum noch.” Auch Studien resümieren ähnlich: “Hauptverursacher von Stress seien zu viel Bürokratie und Dokumentationspflichten, Arbeitsverdichtung und zu wenig Zeit pro Patient. Darüber hinaus klagen die befragten Ärzte darüber, keine Zeit für Pausen zu haben und über einen hohen Druck zur Wirtschaftlichkeit.”
Erschwerend komme laut Frau Blumberger das Phänomen der “inneren Kündigung” als Folge schlechter Arbeitsbedingungen und verlorener Sinnhaftigkeit hinzu; oder, “um es mit den Worten einer Hürdenläuferin zu sagen: Wenn man das Ziel aus den Augen verloren hat, dann wird jede Hürde zur Hürde.” Als weitere Faktoren bezeichnet sie den “Druck der Krankenhausverwaltung bzw. der Krankenkassen, wenig Zeit für wichtige persönliche Bedürfnisse (geteilte Elternzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten usw.) und Schichtarbeit.” Diese Umstände führen bereits unter Assistenzärzten oft zur Kündigung.
Darüber hinaus kritisiert Psychologin Blumberger allgemein “die Entmenschlichung und Optimierung” des Gesundheitswesens: “mit wenig Aufwand und Zeit die maximale Versorgung erreichen zu wollen. Zuerst kam das DRG-System, dann der Verkauf der staatlichen Krankenhäuser, die Abschaffung der Tarifsysteme, dann die MVZ, in denen die Ärzte quasi nur noch Fließbandarbeit machen. Mit dieser Fließbandarbeit entfremdete sich der Arbeiter von seinem Produkt. Ärzte entfremden sich von ihren Patienten.”
Indessen sind Ärzte dem Krankenhaus-Stress nicht schutzlos ausgeliefert. Während ihr Einfluss auf die Strukturen medizinischer Arbeitgeber beschränkt bleibt, können sie jedoch ihren persönlichen Stress-Ursachen auf die Schliche kommen. Erprobte Instrumente aus der Psychotherapie können dabei helfen.
Techniken zur Senkung Ihres Stressniveaus
Frau Blumberger nennt acht konkrete Techniken, mit deren Hilfe Sie als Krankenhaus-Arzt Stress erfolgreich bewältigen können:
- Glaubenssätze überprüfen
Neben positiven Glaubenssätzen neigen wir Menschen dazu, vor allem negative Glaubenssätze zu pflegen: etwa “das Leben als Arzt ist eben so”, “irgendwann werde ich Facharzt sein und dann wird alles besser” oder “meine Kollegen leisten bessere Arbeit als ich”. Kennen Sie Gedanken wie diese? Dann bohren Sie weiter und finden Sie heraus, welche schädigenden Glaubenssätze Sie noch verinnerlicht haben.
- “Problem-Physiologie” bewusst machen
Ihre Glaubenssätze finden in Ihrem körperlichen Empfinden Widerhall. Frau Blumberger rät auch hier dazu, sich gezielte Fragen zu stellen: “Wie ist meine Atmung? Wohin schaue ich? Welche Mimik zeige ich? Und machen Sie sich dann deutlich, wo Sie hinwollen: Wie alt will ich mich fühlen? Wie soll sich meine Stimme anhören? Wo und in welcher Gestalt habe ich meine Kompetenzen wahrgenommen?”
- Gezielte Vorbereitung auf die Arbeitswoche
“Manche Ärzte verspüren ein großes Unbehagen, wenn Sonntagnachmittag ist, weil sie Angst vor der kommenden Woche haben. In diesem Fall sollte es zu Ihrem Sonntagsritual werden, wenn Sie sich an einen ruhigen Ort zurückziehen, die Augen schließen und die kommende Woche so imaginieren, wie der Ablauf der Woche ist. Nur die Fakten”, empfiehlt die Psychologin. Auf diese Weise nehmen Sie dem oftmals diffusen Gefühl der Bedrohung dessen Stärke.
- Es nicht allen recht machen
Es ist Montag; Sie sind auf der Arbeit; und der erste Aufreger ist schon passiert? Dann hilft es laut Frau Blumberger, wenn Sie zu sich selbst sagen: “Schön, dass ich heute wieder nicht allen gerecht werden kann”. Das brauchen Sie auch gar nicht und wäre ohnehin nicht möglich. Machen Sie sich klar, dass es immer jemanden geben wird, den Sie nicht zufriedenstellen können. Das liegt jedoch weniger an Ihnen als vielmehr in der Persönlichkeit des anderen begründet.
- Pausen machen
Diese “Technik” vergessen wir nur allzu gerne im hektischen Alltag. Doch das ist schade, gilt sie doch als probates Mittel gegen Stress. Ärzte-Coach Blumberger hat gute Erfahrungen mit der “5-Minuten-Regel” gemacht: “Gehen Sie fünf Minuten an die frische Luft, schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich auf Ihre Ausatmung. Stellen Sie sich vor, dass bei jedem Ausatmen Druck entweicht. Übersetzen Sie Ihren inneren Zustand in innere Bilder – vielleicht in ein Ventil vom Schnellkochtopf, aus dem Dampf entweicht.”
- Konstruktiver Umgang mit externen Stressoren
Möglicherweise können Sie bereits ganz bestimmte externe Stress-Ursachen ausmachen – etwa einen schwierigen Chefarzt, enormen Zeitdruck oder eine Abteilung, in welcher Sie Ihre Stärken nicht ausspielen können. In vielen Fällen können Sie mit einem offenen Gespräch eine Verbesserung herbeiführen. Sie werden sich wundern, welche Türen so mancher Dialog geöffnet hat.
- Unterstützung aus Ihrem Umfeld
Werden Sie sich darüber klar, dass Sie im Regelfall nicht alleine sind. Meist geht es Kollegen ähnlich wie Ihnen. Es traut sich nur niemand, sich vor anderen die Blöße zu geben. In jedem Fall hilft das Wissen um diesen Umstand. Zudem eröffnet es Ihnen die Möglichkeit, sich Unterstützung in Ihrem Umfeld zu suchen – zum Beispiel unter Kollegen oder vertrauten Vorgesetzten. Achten Sie aber darauf, dass die gegenseitige Unterstützung auf konstruktiver, vorwärts gerichteter Basis stattfindet und nicht in Lästereien ausartet.
- Neuen Arbeitsplatz suchen
Sie besitzen wenig Einfluss auf die Klinikstruktur. Als Ultima Ratio besteht aber in jedem Fall die Option, sich eine neue andere Anstellung zu besorgen. Mit einem geschärften Blick auf Ihre persönlichen Bedürfnisse sollten Ihre Chancen deutlich steigen, in einem anderen Krankenhaus glücklich zu werden.
Externe Hilfe für Ärzte
Neben dem Ärzte-Coaching können sich unter Stress leidende Krankenhaus-Ärzte auch im Bereich der Psychotherapie Unterstützung holen. Insbesondere bieten sich die sogenannten “Balint-Gruppen” an. Dabei handelt es sich um Arbeitsgruppen – bestehend aus typischerweise acht bis zwölf Ärzten. Diese stehen unter der Leitung eines Psychotherapeuten und helfen den teilnehmenden Medizinern dabei, ihren Arbeitsalltag zu meistern.
Frau Blumberger bemerkt die mangelhafte Akzeptanz der Hinzuziehung externer Kompetenzen innerhalb der Ärzteschaft: “Leider scheint es in Deutschland immer noch ein Tabu zu sein, sich Unterstützung bei Psychologen/Psychotherapeuten zu holen. In Amerika gehört das zum Alltag, quasi zum guten Ton. Unterstützende, supportive Gespräche können schon entlastend sein.”
Eine Klinik mit guten Arbeitsbedingungen finden
“Man muss ganz klar sagen: Ein Krankenhaus ohne Stress gibt es nicht”, hält die Psychologin fest. Dennoch sollten Sie sich nicht mit Ihrem Leid abfinden. Sie können zwar keine Klinikstrukturen ändern; dafür können Sie sich jedoch eine andere Position innerhalb der Struktur, welche Ihnen besser liegt, auswählen. Gleichfalls können Sie den Wechsel in andere Strukturen vollziehen. Vor allem aber können Sie an sich selbst arbeiten.
Freuen Sie sich auf die kommende Arbeitswoche? Wenn Sie diese Frage verneinen, dann wird es Zeit, zu handeln. Mit den in diesem Beitrag vorgestellten Methoden können Sie Ihr Stressniveau als Arzt im Krankenhaus senken und erfolgreich bewältigen.
Auch wenn Ihre Kollegen anderer Meinung sein sollten – nicht in jedem Krankenhaus herrschen für Ärzte schlechte Arbeitsbedingungen oder ein toxisches Arbeitsklima vor. Außerdem gibt es Kliniken, welche Ihnen eine Arztstelle ohne Dienste, in Teilzeit oder mehr Zeit pro Patient bieten. Auch die Wahl des ärztlichen Berufsfelds macht einen großen Unterschied. Eine ärztliche Kollegin unterstützt Sie im Rahmen des Ärzteglück-Coachings bei genau diesen Entscheidungen. Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Melden Sie sich am besten noch heute an; denn die freien Plätze sind, wie Sie sich vorstellen können, nicht lange unbesetzt.
Zusammenfassung: 8 bewährte Techniken für Ärzte gegen Stress im Krankenhaus
- Glaubenssätze überprüfen
- “Problem-Physiologie” bewusst machen
- Gezielte Vorbereitung auf die Arbeitswoche
- Es nicht allen recht machen
- Pausen machen
- Konstruktiver Umgang mit externen Stressoren
- Unterstützung aus Ihrem Umfeld
- Neuen Arbeitsplatz suchen