Genug ist genug! Sie leisten unzählige unbezahlte Überstunden, können Ruhezeiten nicht einhalten oder wissen vor lauter Wochenenddiensten nicht mehr, wie Ihre Kinder aussehen? Sie befürchten, dass Sie kurz vor dem Burn-out stehen, wenn Sie so weitermachen? Dann ist es jetzt an der Zeit, etwas an Ihrem Berufsleben zu verändern.
Im folgenden entscheidenden Artikel erfahren Sie, wann Sie als Arzt im Krankenhaus eine Überlastungsanzeige stellen und welche Hinweise Sie dabei unbedingt beachten sollten. Lesen Sie außerdem, warum Sie die arbeitsrechtlichen Missstände nicht länger mittragen sollten; denn es gibt Kliniken, die wertschätzend mit ihren Angestellten umgehen, die Gesundheit ihrer Ärzte schützen und einer Überlastung vorbeugen.
1. Überlastungsanzeige als Arzt im Krankenhaus rechtzeitig stellen
Unbezahlte Überstunden im Krankenhaus und die ärztliche Weiterbildung in der Freizeit können Sie eine Zeitlang kompensieren; aber irgendwann wird sich Ihr Körper die Energie zurückholen. Das bräuchte ich Ihnen eigentlich nicht zu erzählen. Sie sind schließlich der Mediziner. Doch “Schuster tragen die schlechtesten Schuhe”, wie es bekanntermaßen im Volksmund heißt.
Indem Sie diesen Beitrag lesen, gehen Sie jedoch den wichtigen ersten Schritt in Richtung Veränderung. Dies zeigt mir, dass Sie sich noch rechtzeitig um Ihre Gesundheit und Ihr Glück am Arbeitsplatz kümmern. Es ist nämlich von entscheidender Bedeutung, dass Sie die Vorbereitung einer Überlastungsanzeige planen, bevor es zum Burn-out kommt.
Stellen Sie sich ein paar grundlegende Fragen: Fühlen Sie sich wohl mit Ihrem Arbeitsalltag; freuen Sie sich, wenn Sie morgens ins Krankenhaus fahren; oder erleben Ihre Kinder Sie glücklich, wenn Sie abends nach Hause kommen? Sprechen Sie darüber auch mit Ihrer Familie oder Freunden. Geben Sie sich unter allen Umständen ehrliche Antworten und bitte Sie Ihre Vertrauten, es Ihnen gleichzutun.
Besonders unter Assistenzärzten gilt es als anerkannt, unter dauerhaftem Stress zu leiden. Dies müsse so sein, wenn man als Mediziner Karriere machen wolle, denken viele, und bestätigen sich damit untereinander. Wenn anhaltender Stress jedoch zur Überlastung führt, sollten alle Alarmglocken angehen.
2. Gefährdung vermeiden und Haftung vorbeugen
Abgesehen von der Verantwortung für sich selbst tragen Sie auch Verantwortung gegenüber Kollegen und Patienten – zum gegenseitigen Schutz. “Dabei sind Beschäftigte dem Arbeitgeber […] gegenüber sogar verpflichtet, jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit […] zu melden”. Diese Verpflichtung soll einer Überlastung der Mitarbeiter und infolgedessen möglichen Fehlern beziehungsweise entstehenden Gefahren vorbeugen. Aus diesem Grund spricht man auch von einer ärztlichen “Gefährdungsanzeige”.
Es ist Ihr Recht und Ihre Pflicht als Arzt, Ihrem Arbeitgeber eine Überlastung zu melden. Zudem sichern Sie sich so gegen eine mögliche Haftung für Fehler aufgrund der angezeigten Überlastung ab. Diese Fehler hätten ansonsten womöglich eine Abmahnung oder Kündigung zur Folge.
3. Zuerst das Gespräch suchen
Bevor Sie sich an die Formulierung Ihrer Überlastungsanzeige setzen, empfehle ich Ihnen dringend das persönliche Gespräch mit Ihrem direkten Vorgesetzten. Wie so oft im Leben entwickeln wir in bestimmten Bereichen (riesige) blinde Flecke. Sie können sich das vielleicht nicht vorstellen; doch mancher Chefarzt ist selbst Opfer der überbordenden Arbeitszeit und fällt aus allen Wolken, wenn er von den Missständen erfährt. Erwähnen Sie im Gespräch unbedingt, dass Sie im nächsten Schritt eine Überlastungsanzeige stellen werden, sollte sich die Lage nicht verbessern.
Trauen Sie sich alleine nicht, diesen Weg ins Vorzimmer Ihres Vorgesetzten zu gehen, nehmen Sie sich ruhig Unterstützung mit. Später kann Ihnen ein Zeuge zudem helfen, diese mündliche Botschaft nachzuweisen. Schalten Sie auch Ihren Betriebsrat ein, sofern es einen gibt. Ich rate Ihnen weiterhin, sich den Gesprächsverlauf zu notieren. Unsere Erinnerungen neigen dazu, im Laufe der Zeit zu verschwimmen.
Sie haben das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten hinter sich? Dann atmen sich jetzt erst einmal durch und konzentrieren Sie sich wieder auf Ihre Arbeit. Warten Sie eine angemessene Zeit ab, ob sich die Umstände bessern. Sollte sich weiterhin nichts tun, dann heißt es, Ihren Worten Taten folgen zu lassen: Stellen Sie als Arzt eine Überlastungsanzeige.
4. Vollständige Inhalte der ärztlichen Überlastungsanzeige
Die Überlastungsanzeige sollte bestimmte Informationen enthalten, um wirksam werden zu können. Darauf weist ver.di in seinen Empfehlungen hin. Gerade in großen Einrichtungen sind unzählige Abteilungen beschäftigt; und Sie möchten gewiss, dass Ihre Überlastungsanzeige korrekt adressiert wird.
Folgende Angaben sollte Ihre Überlastungsanzeige mindestens enthalten:
- Ort und Datum
- Vollständiger Name
- Abteilung (bei größeren Unternehmen)
- Genaue Beschreibung der Arbeitssituation, in welcher Überlastung besteht
- Die Folgen der ärztlichen Überlastung benennen
- Darstellen, dass Sie Ihr Möglichstes tun, um die beanstandete Situation auszugleichen
- Am Schluss Aufforderung an den Arbeitgeber, Abhilfe zu schaffen
- Unterschrift
5. Objektive Darstellung
Achten Sie bei Ihrer Darstellung der Mängel auf eine ausreichende Objektivität. Es kommt also nicht auf Ihre persönlichen, sondern zwingende, objektive Gründe an, die zu Ihrer Überlastung führen. Geeignete objektive Ursachen, die Sie hier anführen können, sind etwa:
- Arztstellen wurden nicht nachbesetzt
- Einhaltung von Pausen nicht möglich
- Zu viele Patienten
- Zu viele Bereitschaftsdienste
- Maximale Arbeitszeiten werden von Ärzten im Krankenhaus nicht eingehalten
- Häufige Notfallsituationen
Auf jeden Fall empfehle ich Ihnen, Ihr Schreiben einer vertrauten Person vorzulegen. Sie soll dieses im Hinblick auf das entscheidende Kriterium der Objektivität prüfen. Oftmals sind wir nach Jahren – verständlicherweise – dermaßen in einer Situation “gefangen”, dass wir den Blick eines Außenstehenden verloren haben.
6. Die richtige Form
Die ärztliche Gefährdungsanzeige bedarf zwar grundsätzlich keiner bestimmten Form; Experten raten aber zur Schriftform – am besten als Einschreiben. Hiermit hätten Sie – im Falle des Falles – einen Nachweis für Ihre Überlastungsanzeige.
Die menschlich angenehmere Variante ist sicherlich die persönliche Übergabe. Hierbei überreichen Sie die Überlastungsanzeige Ihrem Vorgesetzten persönlich. Lassen Sie sich den Eingang durch den Chefarzt auf einem zweiten Exemplar bestätigen. Idealerweise nehmen Sie eine weitere Person – zum Beispiel einen Kollegen – als Zeugen mit. Darüber hinaus können Sie eine Kopie der Überlastungsanzeige an Ihren Betriebsrat senden.
In der Regel sind Sie nicht der einzige Arzt, der unter Überlastung leidet. Sie können eine Überlastungsanzeige daher auch gemeinsam mit ärztlichen Kollegen stellen. Erwägen Sie in jedem Fall, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren, um rechtliche Fehler zu vermeiden.
7. Den Arbeitgeber in die Haftung nehmen
Eine Überlastungsanzeige kann Sie nicht nur von einer Haftung entlasten – daher wird sie übrigens oft “Entlastungsanzeige” genannt –, sondern hat gleichermaßen für Ihren Arbeitgeber Folgen: Er ist nun verpflichtet, Änderungen herbeizuführen, um Ihre Überlastung zu verhindern. Ärzte profitieren in diesem Zuge vor allem vom Arbeitszeitgesetz, dem Arbeitsschutzgesetz und – wenn vorhanden – geltenden Tarifnormen.
Die Übergabe einer Gefährdungsanzeige entbindet Sie als Arzt freilich nicht von jeglicher Haftung. Besprechen Sie Ihre Fragen dazu mit Ihrem Anwalt. Er wird Sie sicherlich darüber aufklären, dass Sie keinerlei “Retourkutschen” seitens Ihres Arbeitgebers zu befürchten haben.
8. Keine Angst vor möglichen Folgen
Neben der Angst, als “Nestbeschmutzer” zu gelten, fürchten sich einige Mediziner vor nachfolgenden Drangsalierungen durch den Arbeitgeber. Wird Ihnen gar noch mehr Arbeit aufgehalst? Nein, Sie sollten sich nicht fürchten. Mehr Arbeitsbelastung wäre wie Öl ins Feuer zu gießen.
Auch vor einer Abmahnung brauchen Sie keine Angst zu haben. Unlängst hat ein Gericht entschieden, dass eine Abmahnung infolge einer Überlastungsanzeige nicht rechtens ist. Machen Sie sich immer wieder klar: Sie tun etwas Gutes – für sich, Ihre Kollegen und Ihre Patienten.
Ein Stellenwechsel als Rettung
Oftmals kann selbst die Überlastungsanzeige das Arbeitsklima nicht mehr retten. Zudem verbietet es das Arbeitsrecht dem Chefarzt nicht, unsympathisch zu sein oder Ihnen die unangenehmen Patienten zuzuweisen. Dann sollten Sie die Reißleine ziehen und den Arbeitgeber wechseln. Ich garantiere Ihnen: Sie werden vielerorts mit Kusshand genommen.
Wenn Sie wollen, können Sie Arbeitgeber kennenlernen, die Ihre wertvolle Arbeit zu schätzen und zugleich Ihre Gesundheit zu schützen wissen – Krankenhäuser mit innovativen Arbeitszeitmodellen und geregelten Arbeitszeiten für Ärzte. Gerne stellen wir Ihnen einige vor. Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf; denn derartige Kliniken sind, wie Sie sich vorstellen können, sehr gefragt.
Zusammenfassung: 8 Hinweise für Ihre ärztliche Überlastungsanzeige
- Überlastungsanzeige als Arzt rechtzeitig stellen
- Gefährdung vermeiden und Haftung vorbeugen
- Zuerst das Gespräch suchen
- Vollständige Inhalte der ärztlichen Überlastungsanzeige
- Objektive Darstellung
- Die richtige Form
- Den Arbeitgeber in die Haftung nehmen
- Keine Angst vor möglichen Folgen