Arzt hat Spaß mit Frau und Kind
Niels C. Fleischhauer

Niels C. Fleischhauer

Arztberuf und Familienleben vereinbaren: 9 Merkmale einer familienfreundlichen Klinik

Jeder hat sie: diese eine Kollegin, welche sich trotz dreier Kinder und 60-Stunden-Woche noch im örtlichen Rotary Club engagiert. Das ist bewundernswert, aber definitiv kräftezehrend; denn der Arztberuf lässt nunmal kaum Freiraum für Familie und Hobbys – oder etwa doch?

Im folgenden wertvollen Artikel zeige ich Ihnen, wie Sie den Arztberuf mit Ihrem Familienleben erfolgreich in Einklang bringen können. Doch wir wollen es nicht bei praktischen Tipps belassen. Sie werden zudem erfahren, wie Sie denjenigen Arbeitgeber finden, der Ihren Familiensinn fördert und Ihnen eine Mediziner-Karriere ermöglicht.

1. Geregelte Arbeitszeiten für Ärzte

Die klassische Arbeitswoche eines Arztes ist lang: Zur regulären Vollzeitstelle gesellen sich noch Wochenenddienste und Überstunden hinzu. Das ergibt zusammen nicht selten mehr als 60 Wochenarbeitsstunden. Wollen Sie zusätzlich noch als Mediziner eine akademische Karriere hinlegen, so verbringen Sie Ihre “freien” Stunden oft mit wissenschaftlicher Arbeit – Stichwort “Feierabendforschung”. Vor diesem Hintergrund bereitet die Familienplanung vielen Ärzten Kopfzerbrechen. Insbesondere Frauen fragen sich: “Kann ich als Ärztin Kinder bekommen und danach den Beruf noch mit meinem Familienleben unter einen Hut kriegen?”

Doch der Wandel ist bereits erkennbar. Es gibt mehr und mehr medizinische Arbeitgeber, die ihren Ärzten geregelte Arbeitszeiten bieten. Je nach Verhandlungsgeschick und Sektor kann dies für Sie gar eine Arztstelle ohne Schicht- und Wochenenddienste bedeuten. Ergänzend erklären sich Krankenhäuser zunehmend mit flexiblen Arbeitszeiten und einer Gleitzeitregelung einverstanden.

Besonders die Arbeit an Feiertagen und während der Ferienzeiten führen bei Ärzten zu Frust. Haben Sie schon einmal eine weihnachtliche Bescherung verschoben, weil Sie als Arzt zum Schichtdienst im Krankenhaus eingeteilt waren? Sie erkennen einen guten Arbeitgeber daran, dass er auf die Ferien Ihrer Kinder Rücksicht nimmt.

2. Eine familienfreundliche Facharztausbildung

Je nach Fachgebiet können Mediziner damit rechnen, dass der Facharzt fünf bis sechs Jahre dauern wird. Viele Ärztinnen fürchten die Unterbrechung, wenn sie während der Facharztausbildung Kinder bekommen. In der Folge wird die Kinderplanung lieber gleich in eine nicht absehbare Zukunft verschoben. Dabei vergessen sie aber, dass sie nach Abschluss der Facharztausbildung umso mehr in biologischen Zugzwang geraten werden – so sie denn Nachwuchs zeugen möchten. Falls Sie aktuell Ihren Facharzt machen, rate ich Ihnen dringend, den Aufschub Ihrer Familienplanung zu überdenken.

Mittlerweile nehmen immer mehr Ärztinnen während ihrer fachärztlichen Ausbildung eine Auszeit von einem bis anderthalb Jahren. Anschließend setzen sie ihre Weiterbildung fort. Auch die entspannte Facharztausbildung in Teilzeit ist möglich und mit deutlich weniger Stress verbunden. Diese Modelle werden nun verstärkt von medizinischen Arbeitgebern beworben. Lassen Sie sich also von der verlängerten Facharztausbildung nicht abschrecken: Die läuft Ihnen schon nicht davon.

Sie überlegen zurzeit, welchen Facharzt Sie eigentlich machen möchten? Dann fragen Sie sich nicht bloß, welche Fachärzte aktuell gesucht werden – nämlich eigentlich alle. Bedenken Sie vielmehr, dass auch die Wahl Ihres Fachbereichs erheblichen Einfluss auf die Planbarkeit Ihres medizinischen Alltags besitzt.

3. Mit einem guten Gefühl als Arzt in die Elternzeit

War das Kind erstmal da, so galt es früher für Ärztinnen – überspitzt formuliert –, sich zwischen zwei Seiten zu entscheiden: Elternzeit nehmen oder als “Rabenmutter” (und Karrierefrau) gelten. Noch schwieriger gestaltete sich die Lage hingegen für alleinerziehende Medizinerinnen. Ärztin zu sein und eine Familie zu haben zu gründen, erschien aussichtslos. Für uns Herren war es ohnehin alternativlos, der “Ernährer” der Familie zu sein. Schließlich wollten wir nicht als “Weicheier” bezeichnet werden.

Glücklicherweise leben wir mittlerweile in einer anderen Welt. Was früher ungerechtfertigterweise oftmals als “Karriere-Aus” bezeichnet wurde, setzt sich heute vermehrt durch: Ärzte in Elternzeit – übrigens auch vermehrt Väter. Ihre Kinder werden es Ihnen danken, wenn Sie Elternzeit nehmen möchten.

In den letzten Jahren hat die Politik endlich die große Bedeutung des Nachwuchses für unsere Gesellschaft erkannt und familienfreundliche Gesetze erlassen. So haben Sie während Ihrer Elternzeit einen Rechtsanspruch auf die Beschäftigung für bis zu 30 Stunden pro Woche. Ein familienfreundliches Krankenhaus wird darauf achten, Ärzten in Elternzeit wenige bis gar keine Bereitschaftsdienste “aufzudrücken”.

Ebenso ist Ihr Wiedereinstieg leichter als früher. Lassen Sie sich nach Ihrer Rückkehr aber nicht gegen Ihren Willen mit einfachen Aufgaben auf die Ersatzbank schieben. Trauen Sie sich ruhig etwas zu und fordern Sie verantwortungsvolle Tätigkeiten ein, wenn Sie dies wünschen.

4. Kinderbetreuung

Die Kinderbetreuung ist langfristig das wohl wichtigste Merkmal einer familienfreundlichen Klinik; denn nicht jeder hat Oma und Opa zur Verfügung; und eine gute Nanny ist nicht nur kostspielig, sondern auch schwer zu finden. Doch immer mehr Krankenhäuser bieten von sich aus eine eigene Kinderbetreuung an. Dort können Sie Ihre Kleinen rund um die Uhr betreuen lassen – vom Mittagessen über die Hausaufgabenhilfe bis zur Ferienbetreuung. Oft finden sich auch Rückzugsmöglichkeiten zum Stillen. Dieses Angebot ist nicht ganz uneigennützig. Hierdurch ermöglichen Kliniken ihren Ärzten 24-Stunden-Schichten – trotz Kindern.

Wenigstens eine direkte Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber ist mittlerweile deutschlandweit zum Standard geworden. Er kann Ihre Betreuungskosten bezuschussen, eine Babysitterbörse anbieten oder Ihnen einen Kita-Platz über ein Belegrecht organisieren. Ihre Klinik hält sich noch zurück? Dann fordern Sie Ihren Arbeitgeber zum Handeln auf – oder wechseln lieber gleich in ein Krankenhaus mit erstklassiger Kinderbetreuung.

5. Ärzte in Teilzeit

Es gibt ihn auch heute noch: den konservativen, meist älteren “Karriere-Arzt” mit einer 60-Stunden-Woche und einer Hand am Chefarzt-Sessel. Voller Argwohn und Neid registriert er, dass Sie fortan als Arzt ohne Dienste oder in Teilzeit arbeiten wollen. Seien Sie stolz darauf, einer Generation anzugehören, die ihr Recht einfordert und ihren Arztberuf mit einem schönen Familienleben vereinbart.

Lassen Sie sich nicht beirren: Auch mit einer Arztstelle in Teilzeit haben Sie als Mediziner gute Karrieremöglichkeiten – wenn auch etwas verzögert. Dazu sind der Ärztemangel in Deutschland einfach zu groß und Ihresgleichen zu gefragt.

Eine familienfreundliche Klinik erkennen Sie daran, dass sie Ihnen eine Teilzeitstelle mit Verantwortung anbietet. Doch haben Sie dabei stets ein Auge auf Ihr Überstundenkonto. Leider leisten viele Ärzte zusätzlich zu ihrer Teilzeitstelle jede Menge unbezahlte Überstunden und kommen hierdurch praktisch annähernd auf eine Vollzeit-Belastung.

6. Home-Office

Spätestens seit Corona versuchen Kliniken, möglichst viele ärztliche Aufgaben ins Home-Office zu verlagern. Sie können diese Entwicklung für sich nutzen. Sie haben zwar keinen Rechtsanspruch aufs Home-Office; doch “Fragen kostet nichts”. Gehen Sie in den Dialog mit Ihrem Chefarzt und erzählen Sie ihm, welche Vorteile die Klinik hat, wenn Sie zu Hause arbeiten.

Ihre Familie und Arzt zu sein miteinander zu vereinen, fällt nirgends so leicht wie im Home-Office. Schließlich können Sie praktisch jederzeit für Ihren Nachwuchs da sein. Die Voraussetzung, um als Arzt effektiv online arbeiten zu können, stellen jedoch geeignete Tätigkeiten dar – etwa das Schreiben von Dokumentationen oder theoretische Forschungsarbeit.

7. Richtige Fachrichtung und Klinik

Sie können die Weichen zur Vereinbarkeit des Arztberufs mit Ihrem Familienleben bereits sehr früh stellen: mit der Wahl einer familienfreundlichen medizinischen Fachrichtung. Es existieren nämlich große Unterschiede zwischen den einzelnen medizinischen Gattungen. Radiologie und Strahlenmedizin bestechen durch planbare Eingriffe, während der Arbeitsmediziner beinahe einen klassischen “Nine-to-Five-Job” ausübt. Auf der anderen Seite sehen sich Chirurgen oft mit Notfällen, fehlender Planbarkeit und Schichtdiensten konfrontiert.

Sie dürfen nicht vergessen, dass auch die Klassifikation Ihres Krankenhauses einen erheblichen Einfluss auf Ihre Work-Life-Balance als Arzt besitzt. Es ist etwas gänzlich anderes, ob Sie in einer Akut- oder eine Reha-Klinik arbeiten. In zweitgenannten Einrichtungen werden Sie eher Arzt und gleichermaßen Familienmensch sein können.

8. Ein echter Eindruck im Vorstellungsgespräch

Sie haben alle bisher genannten Abschnitte noch vor sich? Sie stehen womöglich kurz vor Ihrem Vorstellungsgespräch als Assistenzarzt im Krankenhaus? Dann nutzen Sie das Bewerbungsgespräch mit dem Chefarzt und achten Sie auf die erwähnten, entscheidenden Merkmale einer familienfreundlichen Klinik. Sollten Ihnen wichtige Informationen fehlen, so stellen Sie dem Chefarzt im Vorstellungsgespräch gezielte Fragen danach.

Sie sind sich nach dem Vorstellungsgespräch in der Klinik noch unsicher, inwiefern Sie bei der Arztstelle Beruf und Familienleben in Einklang bringen können? Dann vereinbaren Sie doch eine Hospitation. Dabei habe Sie genügend Zeit, um Ihre zukünftigen Kollegen zu befragen und – in Abwesenheit des Chefarztes – ehrliche Antworten zu bekommen:

  • Wie viele Kolleginnen sind aktuell schwanger?
  • Wie viele Oberärzte arbeiten in Teilzeit?
  • Wie viele Ärzte befinden sich in Elternzeit?
  • Wie viele Ärztinnen arbeiten in Führungspositionen?
  • Wie viele Oberärzte haben Kinder?
  • Wie viele Assistenzärztinnen sind Mütter und arbeiten aktuell in Teilzeit?

Aus den Antworten können Sie viel herauslesen. Mehr weibliches Führungspersonal spricht beispielsweise tendenziell dafür, dass Sie sich in einer familienfreundlichen Klinik befinden. Haben die Führungskräfte darüber hinaus selbst Kinder, können Sie ein großes Verständnis für Ihre Familienplanung voraussetzen.

Familienfreundlichkeit sollte idealerweise bereits als Teil der Unternehmenskultur eines Krankenhauses gelebt werden. Sie und ich wissen, dass das aber leider (zu) selten der Fall ist. Achten Sie in diesem Zusammenhang auch auf ausgestellte Zertifikate wie das audit berufundfamilie. Dieses bescheinigt Unternehmen eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

9. Sie sind nicht alleine – und haben die Wahl

Seien Sie sich Ihrer Verhandlungsposition bewusst und lassen Sie sich nicht von Ihrer Familienplanung abhalten. Sie haben die Wahl und können zwischen verschiedenen medizinischen Arbeitgebern auswählen. Auch wenn die Unternehmenskultur in der Medizin nach wie vor eher konservativ ist – die Kliniken haben den Wandel erkannt. Familienfreundlichkeit ist zu einem klaren Wettbewerbsfaktor geworden.

Sie brauchen sich nicht zwischen einer Mediziner-Karriere und Ihrer Familie zu entscheiden. Sagen Sie einfach: “Ich will beides!” Im Ärzteglück-Coaching finden Sie gemeinsam mit einer spezialisierten Kollegin heraus, welche Arbeitgeber am besten zu Ihrem Familienleben passen. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit Ärzteglück auf, um sich einen der begehren Plätze zu sichern. Ihre Familie wird es Ihnen danken.

Zusammenfassung: 9 Merkmale von Kliniken, die das Familienleben von Ärzten fördern

  1. Geregelte Arbeitszeiten für Ärzte
  2. Eine familienfreundliche Facharztausbildung
  3. Mit einem guten Gefühl als Arzt in die Elternzeit
  4. Kinderbetreuung
  5. Ärzte in Teilzeit
  6. Home-Office
  7. Richtige Fachrichtung und Klinik
  8. Ein echter Eindruck im Vorstellungsgespräch
  9. Sie sind nicht alleine – und haben die Wahl

Über den Autor

Niels C. Fleischhauer

Niels C. Fleischhauer

Inhaber von Ärzteglück

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