Porträt von Ärzte-Coach Isa-Schlott
Niels C. Fleischhauer

Niels C. Fleischhauer

„Chefärzte werden immer jünger“: Was ist das beste Alter, um Chefarzt zu werden?

Ein grauhaariger Mann, der schon alles erlebt hat und immer beschäftigt ist – so ähnlich lautet das Klischee des deutschen Chefarztes. Dieses überspitzt gezeichnete Bild gerät zunehmend ins Wanken. Neben der steigenden Anzahl Frauen in medizinischen Führungspositionen drängen vermehrt jüngere Kollegen in Chefarztstellen, weiß Ärzte-Coach Isa Schlott. Die Psychologin coacht seit 15 Jahren Chefärzte im In- sowie Ausland und gibt angehenden Chefärzten in diesem Interview wertvolle Hinweise.

Erfahren Sie im folgenden Beitrag, in welchem jungen Alter Sie bereits Chefarzt werden können. Sie sind älteren Semesters? Auch dann sollten Sie diesen Artikel lesen; denn im Vergleich zu Ihren jüngeren Konkurrenten verfügen Sie über entscheidende Alleinstellungsmerkmale.

Junge Chefärzte im Trend

Es gibt keine offizielle Regelung dazu, ab wann man Chefarzt wird. Das wäre schon allein aus Gründen einer drohenden Diskriminierung problematisch. Auch das Durchschnittsalter von Chefärzten wird unseres Wissens nach nirgendwo erhoben. Dementsprechend kann die Frage, wie man Chefarzt wird, nicht mit einer Altersangabe beantwortet werden. Es sind allerdings schulische beziehungsweise fachliche Voraussetzungen gegeben, die einen realistischen Rahmen als Altersuntergrenze formen. So folgt nach dem Abitur, dem Medizinstudium und der Facharztweiterbildung noch die Bekleidung einer Oberarztstelle. Diese Positionen und Aufstiegsmöglichkeiten stellen die mindesten Stationen auf dem Weg zum Chefarzt dar. “Erst ab Mitte 30 macht es für die Kliniken Sinn, einen Chefarzt einzustellen, denn für eine Führungskraft ist Führungserfahrung essentiell”, stellt Frau Schlott klar.

Ein gehobenes Alter sei hingegen nicht gleichbedeutend mit hoher Führungskompetenz: “Gute Führung hat mit einer stabilen und wertschätzenden inneren Haltung zu tun – und mit dem Erlernen des richtigen Handwerkzeugs. Es ist ein weitverbreiteter Mythos unter Medizinern, dass gute Führung angeboren ist und nur ‘intuitiv’ erfolgt. Führung heißt Erlernen von Führungsprinzipien und die kontinuierliche Anwendung dieser Tools. Deswegen ist es auch gut, die Führungsfähigkeit schon während des Oberarzt-Daseins zu entwickeln.

Der demografischen Entwicklung genau entgegengesetzt, beobachtet die Psychologin einen spannenden Trend: “Chefärzte werden immer jünger. Noch vor ca. zehn Jahren lag das Alter eines Chefarztes über 45 Jahre. Heute melden sich Oberärzte bereits mit Mitte 30 bei mir zum Coaching an, um ihre Chefarzt-Karriere zu planen. Ab 40 aufwärts besteht eine gute Chance, Chefarzt zu werden. Ich habe auch schon unter 40-Jährige auf ihrem Weg zum Chefarzt begleitet. Insbesondere Klinikkonzerne setzen auf jüngere Chefärzte, damit diese ‘noch formbar’ sind und sich dem System besser anpassen. Die Gehaltsvorstellungen eines jungen Chefarztes sind häufig auch etwas niedriger – so zumindest die Hoffnung der Geschäftsführer in den Kliniken.

Doch ein junger, dynamischer Oberarzt befindet sich nicht automatisch auf dem Express in Richtung Chefarzt. Leitende Arztstellen sind rar gesät; und oftmals ist die Schlange lang. Daher bedarf es gewisser Merkmale und Fähigkeiten, mithilfe derer sich Chefarzt-Bewerber abgrenzen können. Frau Schlott empfiehlt insbesondere jüngeren Medizinern: “Ein junger Chefarzt-Anwärter sollte einen sehr stringenten, auf die Stellenausschreibung zugeschnittenen Lebenslauf vorweisen. Ein Alleinstellungsmerkmal wie z. B. derzeit die Robotischen Chirurgie ist natürlich hilfreich. Auch andere Besonderheiten (frühzeitige Führungserfahrung, besondere Behandlungsmethoden, Auszeichnungen, Erfahrungen aus mehreren Häusern, ein MBA, etc.) sind wichtig.

Von wegen Abstellgleis: wie ältere Chefärzte punkten

Sollten ältere Ärzte mit Mitte 50 also lieber gleich die Waffen strecken und die eigene Karriere abhaken? Ärzte-Coach Schlott rät davon ab. Mediziner im fortgeschrittenen Alter würden ihrerseits Vorzüge aufweisen: “Ältere Kollegen überzeugen am meisten durch eine große Erfahrung in ihrem Fach und in der gekonnten und belegten Führung von Mitarbeitern. Persönlichkeitsmerkmale wie die ‘Gelassenheit des Alters’, eine adäquate Frustrationstoleranz, kombiniert mit einer immer noch hohen Lernfähigkeit/Lernwilligkeit, Gestaltungsfreude und Flexibilität punkten sicher.” Weiterhin führt sie aus: “Natürlich tut sich eine Führungskraft in der Regel leichter, ältere Mitarbeiter zu führen, wenn sie selbst schon ein gewisses Lebensalter hat.

Eine große Bedeutung besitzt auch die Fachrichtung und der Anteil der praktischen Arbeit des Chefarztes. Häufig übernehmen Chefärzte die eher schwierigen Fälle. Für deren Behandlung sind viele Jahre Berufserfahrung äußerst vorteilhaft. Auf der anderen Seite kann besonders in Fachgebieten wie der Chirurgie die Behandlungsqualität unter veralteten Methoden oder Arbeitsgeräten leiden. Ebenso stellt sich die Frage nach Kondition und Konzentration eines alten Chefarztes.

Doch nicht nur die Leistungsfähigkeit von älteren Chefarzt-Bewerbern wird regelmäßig infrage gestellt, gibt Frau Schlott zu bedenken. “Bei der Einstellung eines Chefarztes im höheren Alter fürchten einige Kliniken, dass derjenige bereits mit seinem Mindset in der Rente ist und die laufend anstehenden Veränderungen nicht mehr mitgehen kann oder wird. Bei sehr alten Chefarzt-Anwärtern befürchten einige Häuser, dass dem Kandidaten ggf. die ‘Brücke zu den jüngeren Generationen (Y, Z…)’ fehlen könnte, die eine moderne Herangehensweise an die Führung benötigen. Als älterer Kandidat ist es daher sinnvoll, handfeste Beweise zu diesen genannten Themen zu präsentieren.

Immer mehr Chefärzte wechseln ihre Stelle

Rechtlich existiert keine Altersgrenze nach oben. Selbst Chefärzte, welche bereits 70 Jahre und älter sind, werden von Kliniken trotz Eintritt ins Rentenalter behalten. Schließlich handelt es sich hierbei um teils jahrzehntelang bewährte Partnerschaften.

Derart lange währende Anstellungsverhältnisse werden bald der Vergangenheit angehören; denn es kommt zunehmend Bewegung in den “Chefarzt-Markt”, wie Frau Schlott bemerkt: “Inzwischen begleite ich – noch ganz anders als vor 15 Jahren – immer mehr Wechsel von Chefärzten. Früher galt die Devise: ‘einmal Chefarzt – immer Chefarzt’. Das hat sich auf jeden Fall geändert.

Für Bewerber – ob jung oder alt – ergeben sich damit große Chancen. Sie sollten sich rechtzeitig bei Krankenhäusern ins Gespräch bringen, um den begehrten Chefarztposten zu ergattern. Auch eine frühzeitige Initiativbewerbung als Chefarzt kann einen entscheidenden ersten Schritt für die Mediziner-Karriere bedeuten.

Frau Schlott jedenfalls will Interessierte dazu ermutigen, den Traum von der Chefarztstelle unabhängig von ihrem Alter zu verfolgen: “Ich war selbst Personalleiterin und habe Führungskräfte rekrutiert und finde, dass Leistung und Erfahrung deutlich vor dem Alter beurteilt werden sollten. Es gibt sehr fähige junge Kandidaten und sehr unfähige ältere Kandidaten und genauso auch umgekehrt. Daher ist der gekonnte Blick in den Lebenslauf und ein strukturiertes Recruiting-Vorgehen, in dem auch die richtigen Fragen gestellt werden, essentiell.

Werden Sie der Chefarzt, der Sie sein wollen

Bei der Bekleidung einer Chefarztstelle gibt es kein “zu jung” oder “zu alt”. Ihr Geburtsdatum ist kein Hinderungsgrund für Ihre Chefarzt-Karriere, sondern vielmehr ein mächtiges Werkzeug, welches Sie nutzen können. Wann man Chefarzt wird, hängt von den Fähigkeiten, Ihrer Berufserfahrung und vor allem Ihrem Engagement ab. Wie sehr wollen Sie es? Wie gut ist Ihr Netzwerk? Sind Sie bereits dabei, sich selbst als Marke zu etablieren? Sind Sie bereit, “Hilfe” von außen anzunehmen?

Sie wollen eine Chefarztstelle finden, bei der Sie dauerhaft glücklich sind? Dann kontaktieren Sie Ärzteglück. Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Profitieren Sie von unserem Netzwerk zur Ärztevermittlung.

Porträt von Isa-Schlott
Isa Schlott ist Ärzte-Coach, Hochschuldozentin und Kommunikationstrainerin. Seit 15 Jahren coacht die Psychologin Chefärzte im In- und Ausland. Sie ist Inhaberin der “Coaching Lounge”, in der sie Chefärzten Karrieremöglichkeiten aufzeigt und sie bei der Umsetzung begleitet.

Über den Autor

Niels C. Fleischhauer

Niels C. Fleischhauer

Inhaber von Ärzteglück

Weitere spannende Beiträge