“Woanders ist es doch auch nicht besser.” Sie haben diesen Satz schon des öfteren von Ihren Kollegen gehört, nehme ich an. Schenken Sie ihm Glauben? Das sollten Sie bloß nicht tun; denn der folgende erhellende Beitrag macht Ihnen berechtigte Hoffnung auf einen besseren Arbeitgeber.
Woran Ärzte ein Krankenhaus mit guten Arbeitsbedingungen erkennen, verrät der Hamburger Chefarzt für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin Professor Alexander Ghanem. Erfahren Sie, welche entscheidenden Indikatoren anzeigen, wie es um das Arbeitsklima einer Klinik wirklich bestellt ist. Außerdem erfahren Sie, wer Sie dabei unterstützt, einen Arbeitgeber mit guten Arbeitsbedingungen zu finden.
Die Suche nach dem Einhorn
“Unseren Beruf empfinde ich als zutiefst sinnstiftend und befriedigend. Daher werden unsere Arbeitsbedingungen oft von uns und anderen vernachlässigt. Dieses Ärzteglück besteht zwar oft berufsimmanent, ist jedoch als Energieressource nicht unerschöpflich”, beschreibt Professor Ghanem das Dilemma des ärztlichen Arbeitsethos. Gestützt werden seine Einschätzungen von der aktuellen Studienlage. Das Deutsche Ärzteblatt stellte unlängst fest: “Dass im Krankenhaus schwierige Arbeitsbedingungen herrschen und Angestellte häufig unter Stress leiden, wird in verschiedenen Studien beschrieben”. Dies dürfte sich mit dem subjektiven Eindruck der allermeisten Leser decken.
Ein Krankenhaus mit guten Arbeitsbedingungen zu finden, erscheint dagegen auf den ersten Blick wie die Suche nach dem Einhorn. Schließlich leiden alle Kliniken mehr oder weniger unter Personalmangel, Kostendruck und einem steigenden Versorgungsbedarf der Bevölkerung. Ist das ein guter Grund, die Suche aufzugeben – mitnichten; denn glücklicherweise gibt es wenige, aber dafür starke Indikatoren, welche zuverlässig anzeigen, wo Ärzte ein Krankenhaus mit guten Arbeitsbedingungen finden.
1. Bewertungsportale
Viele Unternehmen verschmähen sie, während Arbeitnehmer sie als Möglichkeit schätzen, mit ihrem alten Arbeitgeber abzurechnen: Online-Bewertungsportale. Der bekannteste Vertreter im deutschsprachigen Raum ist sicherlich kununu. Hier können aktuelle und ehemalige Beschäftigte die Arbeitsbedingungen eines Unternehmens anhand verschiedener Faktoren bewerten.
Geschönt ist bei kununu kaum etwas – ganz im Gegenteil: Viele Arbeitnehmer neigen dazu, sich in ihren negativen Auslassungen gegenseitig zu übertreffen. Zudem sollten Sie beachten, dass die Bewertungen aller Arbeitnehmer in das Resultat einer Klinik einfließen – also Ärzte, Pflegekräfte, Verwaltungspersonal und so weiter. Achten Sie folglich beim Stöbern und Vergleichen weniger auf die Gesamtbewertung als auf das Vorhandensein konkreter Merkmale. So ist beispielsweise eine (vermeintlich) schlechte Kinderbetreuung besser als gar keine. Zudem kann es durchaus vorkommen, dass die Ärzteschaft recht zufrieden ist, während sich das Pflegepersonal vornehmlich beschwert.
Mittlerweile ist mit Treatfair ein neues Angebot in den Markt der Bewertungsportale vorgedrungen. Die Besonderheit an Treatfair ist seine Fokussierung: Abstimmungsberechtigt sind lediglich Ärzte; und bewertet werden nur einzelne Abteilungen, nicht jedoch der gesamte Arbeitgeber. Auf diese Weise entsteht ein weitaus differenzierteres Bild. Sympathisch und fair finde ich außerdem, dass nur diejenigen Abteilungen mit den am besten bewerteten Arbeitsbedingungen für Ärzte aufgeführt werden. So bleibt Fachbereichen mit schlechteren Resultaten die Schmach erspart und eine Chance darauf, sich zukünftig zu verbessern.
2. Ausgeschriebene Stellen
“Die Leute stimmen mit den Füßen ab”, pflegt meine Mutter immer zu sagen. Selbst wenn wir Menschen kein Wort äußern, so zeigen wir doch ein deutliches Abstimmungsverhalten durch unser Handeln. Auch die Fluktuation gibt Ärzten einen klaren Hinweis darauf, wie es um die Arbeitsbedingungen in einem Krankenhaus steht. Tendenziell haben schlechtere Arbeitgeber eher Schwierigkeiten, ihre Arztstellen dauerhaft zu besetzen.
Schauen Sie in einschlägige Stellenportale: Wie viele ärztliche Positionen sind aktuell vakant? Setzen Sie dabei die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen unbedingt in Relation zur Größe der Klinik. So werden in der Berliner Charité immer wesentlich mehr Stellen frei sein als in einem ländlichen Kreiskrankenhaus. Hierdurch erfahren Sie weiterhin, ob das Krankenhaus deutlich unterbesetzt ist und eine ärztliche Überlastung somit vorprogrammiert wäre. Eine solche Ausgangslage kann Ihnen die schönste Arztstelle verderben, wie auch Chefarzt Professor Ghanem anmerkt: “Wenn jedoch systematisch die Arbeit von Kollegen ‘mitgemacht’ werden muss – sei es wegen der Weiterbildungsrotation, Elternzeit, Krankheit oder ausstehender Nachbesetzung – hilft auch das beste Selbstmanagement nichts.”
3. Hospitation
Bisher haben Sie lediglich einen Blick von außen auf den potenziellen Arbeitgeber geworfen. Ungleich wertvoller ist indessen der Blick von innen: “Der Hospitationstag ist das A und O vor der Vertragsunterschrift, denn er erlaubt den Blick hinter die Kulissen. Potemkinsche Dörfer werden demaskiert”, hebt Professor Ghanem hervor.
Nutzen Sie Ihre Hospitation und gehen Sie in den Dialog. Es gibt für Ärzte keinen besseren Zeitpunkt, um echte, ehrliche Eindrücke von den Arbeitsbedingungen eines Krankenhauses zu gewinnen. Im Laufe der Stunden wird die anfängliche Zurückhaltung der Kollegen zunehmender Offenheit weichen. Das lässt sich im hektischen Berufsalltag nur schwerlich vermeiden. Wird das Arbeitszeitgesetz für Assistenzärzte im Krankenhaus eingehalten? Gab es Fälle von Burn-out bei beschäftigten Ärzten? Wie verbreitet sind Kinder während der Facharztausbildung?
Auf der anderen Seite gibt Ihnen das Gespräch mit dem Chefarzt die Möglichkeit, auf Ihr Bauchgefühl zu hören. Erkennt der Chefarzt an, dass neben dem Arztberuf noch ein Privatleben und oftmals eine Familie existiert? Welche (innovativen) Arbeitszeitmodelle bestehen im Krankenhaus für Ärzte? Werden jungen Assistenzärzten ältere Kollegen mit wertvollen Tipps zur Seite gestellt? Eine bessere Gelegenheit für Fragen gibt es nicht.
Ein Wandel unter Chefärzten
Mittlerweile hat sich auch unter ärztlichen Leitern herumgesprochen, dass ihre Mitarbeiter Krankenhäuser mit ordentlichen Arbeitsbedingungen vorziehen. Chefarzt Professor Ghanem gilt als Vorreiter, wenn es um die Zufriedenheit seines Ärzte-Teams geht. Er hat wesentliche Prozesse seiner internistischen Abteilung umgestellt: “Wir fokussieren zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf die Bereiche A, B, C, D und E: Administration, Blutentnahme, Codierung, Dokumentation, EKG. Hier sind unterstützende Spezialkräfte im Team eingegliedert, um beide Ziele Frust-Vermeidung (= Ärzteglück) und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten”.
Auch das Miteinander darf gemäß Professor Ghanem nicht zu kurz kommen. So veranstalte man “gemeinsame Formate im wöchentlichen, monatlichen, quartalsweisen und jährlichen Turnus” – beispielsweise einen Echokardiographie-Workshop “von Kollegen für Kollegen”. Auf diese Weise trage selbst die “Strukturierung des Curriculums zum Wohlgefühl der Kolleginnen und Kollegen” bei.
Vom Expertennetzwerk profitieren
Auch ein gutes Netzwerk kann Ihnen – mehr Instrument denn Indikator – große Dienste leisten. Mit dem Expertennetzwerk von Ärzteglück erfahren Sie aus erster Hand, in welchen Krankenhäusern gute oder beste Arbeitsbedingungen herrschen. Viele unserer Spezialisten sind selbst Ärzte oder besitzen einen Hintergrund im Klinikmanagement.
Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Nehmen Sie also Kontakt mit uns auf. Im Rahmen des Ärzteglück-Coachings unterstützt Sie eine spezialisierte Kollegin dabei, einen Arbeitgeber mit guten Arbeitsbedingungen zu finden.
Zusammenfassung: 3 wichtige Indikatoren für gute Arbeitsbedingungen von Krankenhaus-Ärzten
- Bewertungsportale
- Ausgeschriebene Stellen
- Hospitation