Welche Gedanken kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie das Wort “MVZ” hören oder lesen? Denken Sie dabei unweigerlich an Beteiligungsgesellschaften von Investoren, die wie Heuschrecken die profitabelsten Kassensitze aufkaufen? Teilweise geht es mir ähnlich, wenn ich die Medienlandschaft der vergangenen Jahre zusammenfasse. Das ist jedoch sehr schade. Denn meist wird vergessen, dass auch Ärzte MVZ gründen und dadurch große Vorteile genießen können.
In diesem umfassenden Beitrag lesen Sie, was Sie unbedingt beachten sollten, wenn Sie ein MVZ gründen möchten. Gemeinsam mit dem Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Felix Reimer kläre ich auf, welche Herausforderungen, aber auch Chancen auf Sie warten. Sie werden feststellen, dass ein MVZ gegenüber herkömmlichen Niederlassungsformen praktisch keine Nachteile, dafür aber viele Vorteile bietet. Und damit noch nicht genug. Ich stelle Ihnen auch jemanden vor, der Ihnen bei der MVZ-Gründung zur Seite steht.
Voraussetzungen und Erlaubnis: Wer darf ein MVZ gründen?
Wer ein MVZ gründen darf und wer nicht, ist gesetzlich reglementiert. Darauf weist auch Medizinrechtler Dr. Reimer hin: “MVZ-gründungsfähig sind gemäß § 95 Abs. 1a SGB V zugelassene Ärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen, anerkannte Praxisnetze nach § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V und gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie Kommunen. Für Ärzte (und Psychotherapeuten) ist also die persönliche Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung die reguläre MVZ-Gründungsvoraussetzung.” Mithin ist zugleich eine Facharztbezeichnung notwendig, welche erst zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt.
Die Erlaubnis zur Gründung eines MVZ erteilt der Zulassungsausschuss der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. “Vertragsarztrechtlich benötigen Sie im MVZ immer mindestens zwei Ärzte mit insgesamt mindestens einem vollen Versorgungsauftrag”, erklärt Herr Dr. Reimer. Zudem sei stets darauf zu achten, “dass die Gründungsfähigkeit auch während des MVZ-Betriebs aufrechterhalten werden muss und Gesellschafter einer MVZ-Gesellschaft nur sein kann, wer (fortlaufend) über die Gründungsfähigkeit (=Beteiligtenfähigkeit) verfügt”. Ansonsten drohe der Verlust der Zulassung als MVZ.
Während Einzelpraxen maximal drei beziehungsweise – “bei überwiegend medizinisch-technischen Leistungen in der Arztpraxis” – vier ärztliche Kollegen anstellen dürfen, gilt für MVZ keine Höchstgrenze. Rechtsanwalt Dr. Reimer weist auf eine weitere Besonderheit hin: “Es ist für Vertragsärzte insbesondere möglich, die eigene Zulassung zur Anstellung in ein MVZ einzubringen und dann auch weiterhin Gesellschafter zu sein und zu bleiben, § 95 Abs. 6 Satz 4 SGB V.” Eine charmante Lösung für die Praxisübergabe.
Privatärztliche MVZ sind übrigens nicht möglich, weil es sich bei dem medizinischen Versorgungszentrum um ein Konstrukt der vertragsärztlichen Versorgung handelt. Allerdings geht es hier nur um den Namen. Die Zusammenarbeit mehrerer Privatärzte unter dem Dach einer Gesellschaft ist und bleibt erlaubt.
An dieser Stelle gebe ich nochmals Herrn Dr. Reimer das Wort, um mit einem alten Missverständnis aufzuräumen: “Das frühere Kriterium der notwendigen ‘Fachübergreiflichkeit’ eines MVZ gibt es nicht mehr.” Somit dürfen Sie sich fernerhin mit Kollegen Ihres Fachgebiets zusammentun.
Standortfaktoren
Nicht jeder Ort, jede Adresse und jedes Gebäude eignet sich gleichermaßen gut für die Niederlassung. Das galt bereits für die Einzelpraxis und betrifft umso mehr medizinische Versorgungszentren. Wenn Sie ein MVZ gründen möchten, sind dies die aus meiner Sicht wesentlichen Standortfaktoren:
- Gute Erreichbarkeit
Auch wenn es landschaftlich reizvoll und beschaulich anmuten sollte – ein abgelegenes Dorf in der südlichen Uckermark wäre für ein MVZ nicht meine erste Wahl. Eine solche Adresse birgt einige wirtschaftliche Risiken. So leben in der Umgebung verhältnismäßig wenige Menschen, was die Patientenakquise und Mitarbeitergewinnung erschwert. Hinzu kommt, dass beide Gruppen eine lange Anfahrt zum MVZ hätten. Geeigneter sind Mittel- bis kleinere Großstädte. Hier besteht meist eine gute Infrastruktur und wohnen genügend Menschen. Zugleich – und das ist in Metropolregionen anders – sind aber häufig noch Vertragsarztsitze frei. - Kooperationspartner
Ihre Kontakte in der Region helfen Ihnen beim möglichst reibungslosen Start. Gibt es Apotheken, Reha-Einrichtungen oder andere medizinische Leistungserbringer wie etwa Physiotherapeuten in der Nähe? Dann könnte dies die Basis für ein Netz aus Kooperationspartnern bilden. Denken Sie dabei unbedingt auch an Kollegen als mögliche Zuweiser. So mancher Hausarzt ist froh, wenn er “schwierige Fälle” an spezialisierte Kollegen abgeben kann. - Zustand der Räumlichkeiten
Werden Sie in einen Palast oder eine Ruine ziehen? Gibt es einen Praxisabgeber, dessen medizinische Geräte Sie womöglich übernehmen können? Der Zustand der Räumlichkeiten jedenfalls beeinflusst maßgeblich Ihren Investitionsbedarf. - Behördliche Auflagen
Eng mit dem Zustand der Immobilie sind auch die behördlichen Vorgaben verbunden. Wer ein MVZ gründen möchte, hat Hygienestandards zu gewährleisten, damit das zuständige Gesundheitsamt seinen Segen gibt. Zudem haben Sie bauliche Anforderungen zu erfüllen, damit beispielsweise der Barrierefreiheit, funktionierenden Rettungswege oder Arbeitsplatzsicherheit Genüge getan ist. - Ausreichend Platz
Gerne vergessen, weil man sich das Wachstum des Unternehmens gerade zu Beginn noch nicht ausmalen kann: Stellen Sie allen MFA sowie ärztlichen Behandlern genügend Fläche und vor allem Räume zur Verfügung. Zusätzlich sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass externe Vertragsärzte Sie neugierig beäugen werden. Vielleicht möchte sich einer von ihnen Ihrem MVZ anschließen. - Technische Anbindung und Ausstattung
Ohne funktionierende Technik kann ein MVZ nicht funktionieren. Welche Internetgeschwindigkeit steht Ihnen vor Ort zur Verfügung? Wie zuverlässig arbeitet der Anbieter? Ein typisches Problem – besonders von Altbauten – ist zudem, dass es stets zu wenige Steckdosen gibt. Und aufwendige Technologien wie zum Beispiel ein Röntgengerät stellen die Elektroinstallation vor größere Herausforderungen. Schließlich ist nichts nerviger als ein volles Wartezimmer, wenn gleichzeitig die Technik streikt.
Mitstreiter finden
Da man mehrere Ärzte benötigt, wenn man ein MVZ gründen will, sollten Sie sich frühzeitig um Partner bemühen. “Diesbezüglich ist meines Erachtens sehr wichtig, dass man die Kollegen kennt und neben einer passenden beruflichen Eignung ein großes Maß an Vertrauen und Sympathie vorhanden ist”, empfiehlt Medizinrechtler Dr. Reimer. Idealerweise arbeiten Sie bereits seit einigen Jahren zusammen – etwa als Zuweiser.
Verfügt man dagegen über kein persönliches Netzwerk – vielleicht, weil man neu hinzugezogen ist –, so kann man auf anderem Wege Abhilfe schaffen. Viele Mediziner aus der Region sind bei LinkedIn vertreten. Den Mitgliedern dieses beruflichen Netzwerks können Sie naturgemäß ein überdurchschnittlich starkes Interesse an Kooperation und Unternehmertum unterstellen. Weiters können Sie sich über die Kassenärztliche Vereinigung mit interessierten Kollegen vernetzen. Auch über die Förderprogramme der Länder können hilfreiche Kontakte zustande kommen.
Rechtsformen eines MVZ
Die einzelne Arztpraxis wird in der Rechtsform eines freiberuflichen Einzelunternehmens geführt. Dies ist bei einem MVZ nicht möglich, weil (fast immer) mehrere Kollegen involviert sind. Meistens läuft es dann auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) hinaus. Letztere weist eine Besonderheit auf: Sie stellt eine Kapitalgesellschaft dar und kann als sogenannte “Ein-Mann-MVZ-GmbH” sogar von einem Arzt alleine gegründet werden. Möglich ist aber auch eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG) – bestehend aus mehreren Freiberuflern. Andere Rechtsformen wie die Genossenschaft kommen höchst selten vor.
Doch nach welchen Kriterien soll man sich nun für eine MVZ-Rechtsform entscheiden? Aus meiner Sicht gibt es zwei wesentliche Gesichtspunkte: Haftung und Steuern. Denn hier bestehen teils große Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsformen. Im Folgenden gehen wir näher auf die besonderen Merkmale der GbR, GmbH und PartG ein.
Haftung
Egal, in welcher Rechtsform Sie das MVZ gründen – die berufsrechtliche Haftung bleibt in jedem Fall unberührt. “Für Behandlungsfehler haftet der jeweilige Arzt regelmäßig auch deliktisch persönlich, also gemäß §§ 823 ff. BGB”, erklärt Herr Dr. Reimer. So möchte der Gesetzgeber verhindern, dass Mediziner ihre berufsrechtliche Verantwortung und Haftung auf eine Gesellschaft abwälzen.
Bei GbR und PartG haften die teilhabenden Ärzte mit ihrem persönlich Vermögen gesamtschuldnerisch und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft – also auch der anderen Gesellschafter. “Einer für alle und alle für einen” nenne ich das gerne euphemistisch. Denn eines ist klar: Eine solche Regelung birgt für Mediziner enorme Risiken. Gerät nämlich ein Teilhaber in einen wahren Kaufrausch und schafft sich sündhaft teure Technik an, so stehen seine Mitinhaber in gleichen Teilen für die Kosten gerade – obwohl sie diese nicht verursacht haben. Bevor Sie sich an einer derartigen Gesellschaft beteiligen, sollten Sie Ihre Geschäftspartner besser detektivisch durchleuchten lassen. Immerhin bietet die PartG mittlerweile die Möglichkeit, dass die Haftung teilweise beschränkt werden kann – etwa bei Schäden infolge beruflicher Fehler.
Der große Vorteil einer Kapitalgesellschaft – in diesem Fall der GmbH – ist, dass die wirtschaftliche Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Allerdings weist Rechtsanwalt Dr. Reimer darauf hin, dass die Haftungsbeschränkung für Mediziner an einer Stelle aufgehoben wird: “Bei einer Ärzte-MVZ-GmbH sind selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen zugunsten von KVen und Krankenkassen erforderlich (§ 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V), die eine persönliche (Bürgen-)Haftung der Ärzte-Gesellschafter begründen.” Dieser Umstand soll vor allem sicherstellen, dass die Regresse der Kassenärztlichen Vereinigungen vollständig abgegolten werden. Immerhin: Es ist ein Gesetz geplant, welches die selbstschuldnerische Bürgschaft deckeln soll. Ausgang offen.
Steuern
Steuerlich können wir einige Unterschiede feststellen. Bei der PartG werden die Einkünfte anteilig den jeweiligen Ärzten zugeordnet und von diesen mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert. Dies entspricht dem Verfahren, wie man es aus der klassischen Einzelpraxis kennt.
Zwar kann eine GbR der Gewerbesteuer unterliegen, sofern sie als Gewerbe eingestuft ist; im vorliegenden Fall einer ärztlichen MVZ-GbR reden wir jedoch von einer freiberuflichen Tätigkeit, welche gewerbesteuerfrei ist. Ausschüttungen der GbR an ihre Gesellschafter wiederum unterliegen der persönlichen Einkommensteuer.
Die GmbH wird steuerlich stets als Gewerbe behandelt, was zur Zahlung der Gewerbesteuer verpflichtet. Zusätzlich ist ab dem ersten Euro Gewinn die Körperschaftssteuer in Höhe von 15 Prozent fällig. Kommt es zu Ausschüttungen, so hat der begünstigte Arzt für diese die Einkommensteuer zu entrichten. “Es gibt im Kontext Steuern auch an ‘Holding-Modelle’ angelegte, individuelle Lösungen der MVZ-GmbH-Ausgestaltung. Solche Gestaltungen sind aktuell (je nach Bundesland) bereits möglich und können eine weitere GmbH neben der MVZ-Betreibergesellschaft sinnvoll machen”, berichtet Medizinrechtler Dr. Reimer. Diese steuerbegünstigte Ausgestaltung steht Personengesellschaften wie der PartG oder der GbR nicht offen.
Steuerart | PartG | GbR | GmbH |
Körperschaftssteuer | – | – | Ja |
Gewerbesteuer (etwa 15 % des Gewinns abzüglich des Freibetrags von 24.500 Euro) | – | – | Ja |
Einkommensteuer (14 – 45 % der Einkünfte abzüglich des Freibetrags von 11.604 Euro) | Ja | Ja | Ja |
Welche MVZ-Rechtsform es auch immer werden wird – Sie sollten diese folgenschwere Entscheidung am besten nur mit professioneller Begleitung treffen. “Hier müssen das Zulassungsrecht, das Gesellschafts- und Steuerrecht – soweit möglich – in Einklang gebracht werden. Steuerschäden bei der Überführung bestehender Praxen in MVZ-Strukturen können die Existenz der Praxis gefährden”, warnt Herr Dr. Reimer.
Kosten
Viele Mediziner befürchten, dass der Betrieb eines MVZ wesentlich kostspieliger als eine Einzelpraxis werden wird. Doch das ist nicht zwingend der Fall. Für PartG und GbR jedenfalls gilt gleichermaßen: Wer ein MVZ in einer dieser Rechtsformen gründen will, kann mit vergleichbaren laufenden Kosten kalkulieren. So besteht im Zuge der Gründung einer MVZ-GbR nicht einmal die Pflicht zur notariellen Beurkundung. Erwähnenswert ist höchstens die Pflicht zur doppelten Buchführung bei der GmbH, welche die Kosten für Buchhaltung und Steuerberatung steigert.
Allerdings können die Beratungskosten in der (Vor-)Gründungsphase eines medizinischen Versorgungszentrums zu Buche schlagen – insbesondere dann, wenn die Überführung einer bestehenden Einzelpraxis in das MVZ bevorsteht. “Diese Kosten sind – je nach Projekt und der projektspezifischen Herausforderungen und Umsetzungswünsche – sehr unterschiedlich. Die meisten Kollegen werden auf Stundensatzbasis arbeiten, weil der Aufwand anfänglich schwer einzuschätzen und dieser Modus auch üblich ist”, berichtet Rechtsanwalt Dr. Reimer. Dies liegt vor allem an der größeren Komplexität einer MVZ-Gründung und der Berücksichtigung verschiedener Interessen. Auch “die regulatorischen Voraussetzungen (Zulassungsrecht) und das ärztliche Berufsrecht wollen eingehalten werden, was der berühmte ‘Schubladen-Vertrag irgendeines Beraters’ definitiv nicht ‘lege artis’ berücksichtigen wird. Und ein Gesellschaftsvertrag muss darüber hinaus insgesamt betrachtend faire und angemessene Regelungen für alle Gesellschafter beinhalten. Zudem müssen die Zulassungs- und KV-Verfahren gemanagt werden. Die ‘Einmal-Kosten’ einer Unternehmensgründung sind nie schlecht investiert, wenn das Konzept stimmt und die Umsetzung richtig erfolgt ist. Die Risiken und Kosten im Fall von Fehlern in der Umsetzung, rechtswidrigen Gestaltungsmodellen usw. können indes sehr hoch sein.”
Finanzierung
Obwohl die Gründung eines MVZ in vielen Fällen mit eigenen Mitteln gestemmt werden kann, sind die Pläne manchmal zu ehrgeizig. Dann werden etwa ein neues MRT-Gerät angeschafft, die Kosten für den Kassensitz übernommen oder gar eine Immobilie erworben. In solchen Fällen – und auch wenn die Liquidität bedroht ist – ist eine Finanzierung mit Fremdkapital sinnvoll oder sogar zwingend notwendig.
Der erste Weg führt meist zur Hausbank oder der apoBank. Doch manchmal sind die Darlehensangebote anderer Kreditinstitute attraktiver. Ein Vergleich lohnt sich. Schauen Sie sich auch die (höchst unterschiedlichen) Förderprogramme der Bundesländer an. In Bayern zum Beispiel werden MVZ mit bis zu 150.000 Euro gefördert. Verfügen Sie darüber hinaus über eine Weiterbildungsbefugnis, so können Sie die Anstellung von ärztlichen Mitarbeitern fördern lassen. Bis zu 5.400 Euro erstattet Ihnen die Kassenärztliche Vereinigung Bayern monatlich für Gehaltszahlungen an Ihre Assistenzärzte.
Vorteile eines MVZ
Wir haben uns hauptsächlich mit Aufwand, Kosten und Voraussetzungen befasst, die zu beachten sind, wenn man ein MVZ gründen will. Viel wichtiger ist jedoch: wofür das Ganze? “Die Vorteile einer größeren Praxisstruktur – unabhängig von MVZ oder BAG – sind meines Erachtens nicht zu unterschätzen. Dabei ist die Organisation entscheidend”, verdeutlicht Medizinrechtler Dr. Reimer. Es folgt eine Auflistung der meiner Ansicht nach wichtigsten Vorteile von MVZ im Vergleich zu Einzelpraxen:
- Flexible Koordination der Notdienste
- Effektivere Mitarbeitergewinnung dank arbeitnehmerfreundlicher Dienstplanung und Arbeitszeiten
- Anstellung von unbegrenzt vielen Ärzten möglich
- Attraktivere Einkaufskonditionen
- Optimierung von Abrechnungen
- Höhere Hygienestandards
- Besserer Datenschutz
- Kostenteilung für teure Geräte und Einrichtungen
- Professionelle Unternehmensführung dank Einstellung eines Praxismanagers lohnenswert
- Reibungslose Kooperation, die Patienten in der eigenen Organisation hält
Wenn wir die Vorteile des MVZ zusammenfassen, haben Sie als einzelner Arzt relativ gesehen weniger Zeitaufwand für Verwaltungs- oder Dokumentationsvorgänge. Zugleich bleibt Ihnen aber mehr Zeit für Patienten. Oder anders ausgedrückt: Sie können mehr Patienten behandeln, was höhere Einnahmen zur Folge hat. Nicht umsonst liegt der Reinertrag des Inhabers einer Arztpraxis bei Berufsausübungsgemeinschaften deutlich über dem Niveau von Einzelpraxen.
Kooperation und Konflikte
Überall dort, wo Menschen zusammenarbeiten, können – wie bereits skizziert – Synergien entstehen. Aber gelegentlich knirscht es im Gebälk. Wohl dem, der seine Mitgesellschafter schon länger und vor allem persönlich näher kennt. Daneben können ein Gesellschaftsvertrag und gegebenenfalls ein Praxisübernahmevertrag typische “Missverständnisse” vermeiden und manchem Konflikt vorbeugen, wie Herr Dr. Reimer berichtet: “Spezialitäten und individuelle Bedürfnisse müssen angemessen und fair berücksichtigt werden. Beispielsweise ist der Honorarumsatz eines operierenden Vertragsarztes häufig höher als der des ‘nur konservativ’ tätigen Vertragsarztes. Mithin wäre bei einer Kombination zweier solcher Kollegen in einer Praxis darauf zu achten, dass die Regelungen zur Kosten- und Gewinnverteilung dies abbilden, ohne einen Kollegen strukturell zu benachteiligen. Ferner kann zum Beispiel die Beteiligung an Gewinnen nach fester Quote dann unbillig sein, wenn ein Gesellschafter – z.B. ein Arzt ohne Kinder – deutlich mehr arbeitet als der Kollege, der seinen Fokus mehr auf Work-Family-Life-Balance setzt. Wenn die vertragliche Ausgangslage also nicht passt, ist Streit gewissermaßen vorprogrammiert.”
Außerdem arbeiten manche Mediziner lieber allein. Dann sollte man sich selbst eingestehen, dass man sich gegebenenfalls nicht für ein Team oder eine zu starre Zusammenarbeit eignet. Und das ist okay. Hier fühle auch ich mich angesprochen. Eine denkbare Lösung könnte die bereits erwähnte “Ein-Mann-MVZ-GmbH” darstellen.
Der reibungslose Ausstieg
Ob Unstimmigkeiten, ein fortgeschrittenes Alter oder die berufliche Umorientierung – irgendwann wird das Kapitel MVZ auch wieder enden. “Nach wie vor ist in ärztlichen Gesellschaften die Nachfolge durch individuelle Nachfolgersuche und die Fortsetzung der Gesellschaft durch die verbleibenden Gesellschafter mit dem neuen Kollegen, der an den ausscheidenden Arzt einen Kaufpreis X bezahlt, der Standard”, so Rechtsanwalt Dr. Reimer. Doch wer überlegt, als Gesellschafter auszusteigen, sollte sich rechtzeitig um eine geeignete Nachfolge kümmern – bestenfalls einige Jahre im Voraus. Denn die Selbstständigkeit genießt unter Ärzten keine große Beliebtheit. “Gerade junge Ärztinnen und Mütter stehen häufig nicht für eine Vollzeit-Nachfolge zur Verfügung und präferieren zunächst auch eher eine Anstellung.”
Infolge einer guten Nachfolgeplanung wird sich ein geeigneter Kandidat finden. Und irgendwann wird es im Laufe der Verhandlungen um das Thema Geld gehen. Im Idealfall zeigt der Gesellschaftsvertrag eine für alle Parteien tragbare Lösung auf – beispielsweise in Form einer angemessenen Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Doch “bei unrealistischen Abfindungsregelungen droht ‘gutgehenden Praxen’ im Fall eines Austritts zunehmend die Anschlusskündigung mit Liquidation.” Dies meint die Kündigung des Gesellschaftsvertrags durch die restlichen Eigentümer, welche die Gesellschaft aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht weiterführen möchten. “Möglich ist auch noch die Veräußerung von größeren Praxisstrukturen an iMVZ-Investoren und sonstige Krankenhäuser zu nach wie vor – im Vergleich – sehr guten Konditionen.”
Hat ein MVZ (nennenswerte) Nachteile?
Die Antwort lautet: Nein, ein MVZ bringt meiner Einschätzung nach keine echten Nachteile mit sich. In Relation zu einer Einzelpraxis ist ein MVZ hinsichtlich Betrieb und Gründung sicherlich etwas aufwendiger sowie teurer. Wir haben jedoch bereits dargelegt, dass sich diese Zustände schnell relativieren und für den einzelnen Gesellschafter sogar ins Positive umkehren.
Und die Unterschiede zwischen BAG und MVZ sind – abgesehen von der Höchstzahl der angestellten Ärzte – ohnehin marginal. Einige sehen im medizinischen Versorgungszentrum sogar eine Unterform der BAG. Folglich gibt es auch hier keine Nachteile des MVZ.
Ihre Unterstützung, wenn Sie ein MVZ gründen möchten
Ich gebe zu, dass das jetzt eine Menge Informationen waren. Doch ich will Sie ermutigen: Ein MVZ zu gründen, ist kein Hexenwerk. Und dieser Schritt lohnt sich. Denn neben weniger Zeitaufwand, mehr Patientenkontakt und finanziellen/steuerlichen Vorteilen verspricht das MVZ noch viele weitere Pluspunkte.
Damit auch Ihr medizinisches Versorgungszentrum ein voller Erfolg wird, bedarf es einer fundierten und rechtssicheren Planung. Der richtige Partner kann dabei nicht schaden. Fachanwälte für Medizinrecht wie Dr. Felix Reimer sorgen dafür, dass Sie rechtlich stets auf der sicheren Seite sind.
Ob mit einem MVZ, der Gründung einer Privatarztpraxis oder als Coach – Ärzteglück begleitet Sie. Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Eine erfahrene Fachärztin und Gründerin bringt Sie voran – von der Konzeption über die Unternehmensgründung bis hin zur Optimierung des laufenden Betriebs. Senden Sie uns hier Ihre Anfrage.