Man bekommt ihn kaum zu Gesicht; er geht mit einem dicken Gehaltsscheck nach Hause; und die Sekretärin hütet den Eingang zu seinem großen Büro. Viele Geschichten ranken sich um dieses mystische Wesen namens “Chefarzt”. Doch welche von ihnen entsprechen der Wahrheit? Wir bringen Licht ins Dunkel.
Professor Dieter Jocham, Ärzte-Coach und selbst langjähriger Klinikdirektor, verrät uns, was für Aufgaben ein Chefarzt wirklich macht. Er zeigt Ihnen, ob auch Sie das Zeug für den Chefarztposten haben. Nicht zuletzt erfahren Sie im folgenden Beitrag, wo Sie eine Chefarztstelle finden, mit der Sie dauerhaft glücklich sind.
Erwartungen: der erste Arbeitstag als Chefarzt
“Bei aller Erfahrung u. a. als stellvertretender Klinikdirektor und Dozent an einer anderen großen Universitätsklinik war ich gespannt auf die neue Situation”, beschreibt Professor Jocham seine Eindrücke am ersten Arbeitstag als Chefarzt. Neben der Verantwortung aller klinischen Belange, der Forschung und der Lehre war er auch mit der baulichen Neugestaltung der Klinik beauftragt worden. “Diese Konzepte waren im Zusammenhang mit der Berufung auf die Position des Klinikdirektors und Ordinarius bereits in der Zielsetzung geklärt.”
Doch trotz geschlossener Verträge und Vereinbarungen sowie des breiten Erfahrungsschatzes blieb Professor Jocham gespannt: “Der erste Montag im August 1990 bedeutete für mich qualitativ eine deutliche Zäsur gegenüber den vielen Jahren Ausbildung und Erfahrung im Vorfeld.” Auf den frischen Chefarzt warteten auch unvorhersehbare Aufgaben: “Die eigentliche Arbeit konnte allerdings erst mit Übernahme des Amtes konkret starten”.
Realität: was macht man als Chefarzt wirklich?
Es stellt sich die Frage, was man als Chefarzt können muss. Üblicherweise geht der Übernahme der Klinikleitung eine mehrjährige oberärztliche Tätigkeit voraus. “Vieles kann man und muss man in die neue Aufgabe mitbringen. Was allerdings auf jeden Fall erst am neuen Wirkungsort in leitender Funktion erfahrbar ist, sind die speziellen Gegebenheiten vor Ort in ihrer ganzen Vielfalt”, gibt Ärzte-Coach Jocham zu bedenken. Auch “die eigenen Mitarbeiter, deren Erwartungen und Probleme, die Standort-Kollegen” hätten ihn zeitlich sehr beansprucht.
Weitere Herausforderungen stellten für Professor Jocham der “Wettstreit um finanzielle Ressourcen, der Verwaltungsapparat, die Funktionalität der vorhandenen Infrastruktur, vorbestehende Netzwerke, die fachspezifische Konkurrenz am Standort und die Rolle der ‘Zuweiser’” dar. Es galt, verschiedenste Interessen auf allen hierarchischen Ebenen zu vermitteln und zu befriedigen. Ein vollwertiger Job als Manager kommt zur ohnehin umfangreichen Stellenbeschreibung von Chefärzten hinzu.
Die Aufgaben eines Chefarztes im Wandel
Die Aufgaben eines Chefarztes verändern sich “ständig und kontinuierlich”, wie es Professor Jocham ausdrückt. “Obwohl per se herausfordernd, heißt das nicht, dass diese Veränderungen nur negativ zu sehen sind. Ich bin z. B ein Anhänger des ‘Share to care’, d. h. der Entscheidungsfindung von ärztlichem und pflegerischem Team mit weiter verstärkter Einbindung der immer besser informierten Patienten zur Gestaltung der Behandlung.”
Unter die begrüßenswerten Entwicklungen mischen sich auch negative: “Wermutstropfen der Veränderungen sind gemäß den Klagen leitender Ärzte der weitgehende Verlust der Zuständigkeit für die Personalplanung, der reale Personalnotstand und die Zuschreibung der Verantwortlichkeit für ökonomische Konflikte trotz mangelnden persönlichen Einflusses”, beschreibt Ärzte-Coach Jocham die Gemengelage. Angehende Chefärzte sollten sich also bewusst sein, dass sie der Klinik gegenüber für Bereiche verantwortlich zeichnen, welche sie nur begrenzt kontrollieren können.
Was macht einen guten Chefarzt aus?
Der Chefarzt stellt die höchstmögliche Stufe der ärztlichen Karrieremöglichkeiten im klinischen Bereich dar. Nur wenige Tätigkeiten bedürfen ähnlich umfangreicher Fähigkeiten wie der Chefarzt-Beruf: “Ebenso wichtig wie fachliche Kompetenz, Führungs- und Sozialkompetenz gepaart mit dem Willen zu gestalten, ‘Organisationsgeschick’, wirtschaftliches Denken und ggf. zusätzlicher Erwerb wirtschaftlicher Kompetenz ist die Belastbarkeit durch die vielfältigen Aufgaben und Verantwortlichkeiten und unvorhersehbare Herausforderungen”, gibt Professor Jocham den bunten Strauß an notwendigen Kompetenzen an. Sie sollten sich also idealerweise einige Jahre vor der eigentlichen Bewerbung differenziert mit Ihren Stärken und möglichen Schwächen auseinandersetzen. Eventuell kann Ihnen ein berufsbegleitendes Studium zum Master of Business Administration (MBA) helfen.
Daneben erfordere die Arbeit als Chefarzt “Reflexion und Achtsamkeit in eigener Sache” sowie einen “kritischen Blick auf sich selbst”, wie es Ärzte-Coach Jocham ausdrückt. Damit spielt der ehemalige Klinikdirektor auf die Anziehungskraft an, welche eine bedeutsame Stellung wie die Chefarztposition auf narzisstische Persönlichkeiten ausüben kann. Ein “gesunder Narzissmus” sei jedoch positiv zu bewerten und bei der Ausübung der Chefarztstelle förderlich.
Chefärzte dringend gebraucht
Die Anforderungen an und Voraussetzungen für einen Chefarzt sind hoch, wie Sie sehen. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich der Posten des Chefarztes zunehmend weniger Beliebtheit erfreut: “Vor allem in kleineren Krankenhäusern hat sich in den vergangenen zehn Jahren bereits auf der Ebene der Assistenz- und Oberärzte ein reduziertes Interesse an einer Karriere in Leitungsfunktion eingestellt”, stellt Professor Jocham fest. Dies führt er zum einen auf den zunehmenden Wunsch nach Teilzeitarbeit zurück; andererseits würde der stetig wachsende Anteil weiblicher Ärzte den Lebensschwerpunkt weniger auf ihre Karriere legen. Die klassische Stellenbeschreibung von Chefärzten erscheint da deutlich unattraktiver.
Der Ärzte-Coach blickt mit Sorge auf das mangelnde Interesse an der Chefarztstelle: “Leitende Ärzte werden dringend gebraucht – auch und wahrscheinlich gerade in Zeiten flacher Hierarchien und guter Team-Konzepte. In einem gedeihlichen Umfeld können die Gestaltungsmöglichkeiten des Arztes in leitender Position sehr befriedigend und erfüllend sein.” Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass vermehrt Chefärzte ihre Arbeitszeit reduzieren und mehr Zeit für ihr Privatleben haben.
Eine Chefarztstelle finden, die Sie glücklich macht
Was denken Sie: Haben Sie das Zeug, um Chefarzt zu werden? Jedenfalls wissen Sie jetzt Bescheid, was ein Chefarzt wirklich macht. Nun sollten Sie sich fragen, ob Sie geeignet für den Chefarztposten sind. Machen Sie sich klar, dass niemand von Ihnen erwartet, alle genannten Fähigkeiten bis zur Vollendung ausgeprägt zu haben. Vielmehr sollten Sie die Jahre vor einer möglichen Berufung zum Chefarzt zur entsprechenden Weiterbildung nutzen. Auch ein Coaching für ärztliche Führungskräfte kann Sie bei Ihrer Mediziner-Karriere unterstützen.
Keine Chefarztstelle gleicht der anderen. Daher ist es auch ratsam, sich Unterstützung bei der Wahl der richtigen Klinik zu suchen. Sie wünschen sich besonders viel Gestaltungsfreiheit? Sie möchten das traditionelle Liquidationsrecht als Chefarzt beanspruchen? Ein hervorragendes Ärzteteam darf nicht fehlen? Sprechen Sie uns an. Wir wollen, dass Sie Ihren Arztberuf lieben. Gerne zeigen wir Ihnen, wo Sie eine Chefarztstelle finden, mit welcher Sie dauerhaft glücklich sind.